Versicherungen von Entsorgungs- und Recyclingunternehmen

Feuer- und Feuer-Betriebsunterbrechungsschäden in der Recycling- und Entsorgungswirtschaft – bald nicht mehr versicherbar? 

Beitrag von Elmar Sittner. Der Autor ist Versicherungsberater und unterstützt Kommunen, öffentliche Einrichtungen und Industrieunternehmen in allen Fragen der kommunalen und der betrieblichen Versicherung sowie des Risikomanagements. Ein Tätigkeitsschwerpunkt liegt dabei auf öffentlichen Abfallentsorgungs- und Recyclingunternehmen. 

Elmar Sittner ist zudem Referent auf unserem diesjährigen Altholztag.

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Ein Blick auf die betrieblichen Versicherungen von Entsorgungs- und Recyclingunternehmen

1. Ausgangssituation

Kaum eine Woche vergeht, in der nicht in der Tages- oder Fachpresse über große Brände bei Recycling- und Entsorgungsunternehmen berichtet wird. Dies ist auch keine ganz neue Erkenntnis, sondern die Situation, die zumindest aus Sicht der Versicherungswirtschaft ab ca. 2010/2011 erstmalig wahrgenommen und sich seither stetig verschlechtert hat. Zumindest ist dies so, wenn man den Statistiken der Versicherer (andere gibt es leider nicht) Glauben schenken darf.

Die Folgen dieser Schadenentwicklung sind vielschichtig. Die Wirkungen für die betroffenen Recycling- und Entsorgungsunternehmen sind jedoch relativ kurz beschreibbar: Es ist vielerorts mittlerweile sehr schwierig geworden, überhaupt Versicherungsschutz zu finden und die Bedingungen werden zunehmend ungünstiger.

2. Wie wirken sich die Veränderungen aus?

2.1 Steigende Prämien

Zunächst einmal ist hier festzuhalten, dass für Recycling- und Entsorgungsunternehmen heute überhaupt nur noch eine Handvoll Versicherer zur Verfügung stehen. Der Markt ist also deutlich enger geworden und die knappen Kapazitäten führen allein schon deswegen zu deutlich steigenden Prämien. Gab es früher Prämiensätze zwischen 1 ‰ und 2,5 ‰ für die Feuergefahr, so gibt es heute durchaus schon Betriebe, die Promillesätze im zweistelligen Bereich für die Feuer- und die Betriebsunterbrechungsversicherung bezahlen. Eine Recyclinganlage, die einen Wert von EUR 15 Mio. hat, würde demnach allein für die Versicherung des Feuerrisikos über  EUR 150.000 (zzgl. 13,2 % Versicherungssteuer) kosten. Solche Preise waren vor einigen Jahren noch völlig undenkbar.

2.2 Steigende Selbstbehalte

Die Prämie ist jedoch nicht die einzige Größe an der seitens der Versicherungswirtschaft geschraubt wird. Als der Verfasser seine beratende Tätigkeit für einen Verband kommunaler Betreiber von Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlungsanlagen begann (2004), war es völlig selbstverständlich, dass derartige Anlagen zu damals sehr günstigen Prämiensätzen (zwischen 1,0 ‰ und 2,5 ‰ war die Regel) und ohne die Vereinbarung eines Selbstbehaltes versichert wurden.

Auch im Bereich der Selbstbehalte hat sich eine deutliche Änderung des Marktes vollzogen. Selbstbehalte unter EUR 50.000 sind heute kaum noch anzutreffen. Und wenn man die Situation nüchtern betrachtet, ist dieses auch nicht sinnvoll. Eine Versicherung ohne Selbstbeteiligung ist in dieser Betriebsart auch aus Versicherungsnehmersicht nicht wünschenswert. Man würde dann bei jedem kleinen Feuer, das einen Schaden von einigen tausend EUR verursacht hat, den Versicherer mit der Regulierung dieses Schadens beschäftigen. Die Kosten, die damit verursacht würden, stünden in keinem vernünftigen Verhältnis zum Risiko. Auch würde man einen Versicherer, der mehrfach pro Jahr einen Feuerschaden gemeldet bekommt (und bei großen Abfallentsorgungs- und Recyclinganlagen gibt es durchaus mehrere kleinere Brände pro Jahr), nachhaltig verunsichern.

Ob es aber dann Selbstbehalte von EUR 250.000 oder sogar über EUR 500.000 sein müssen, ist fraglich. Ein Spezialversicherer für Recyclingunternehmen vereinbart generell einen Selbstbehalt in Höhe von 2,5 % der Versicherungssumme, sowohl in der Sachversicherung, als auch der Betriebsunterbrechungsversicherung. Bei der Anlage im obigen Beispiel mit einem Neu- bzw. Wiederbeschaffungswert von EUR 15 Mio., kommen bei dieser Regelung Selbstbeteiligungen pro Schaden in Höhe von deutlich mehr als EUR 500.000 (für Feuer und nachfolgende Betriebsunterbrechungsschäden) zusammen!

2.3 Steigende Anforderungen an den Brandschutz

Aber damit nicht genug! Die dritte Schraube, an der gedreht wird, ist insbesondere der anlagentechnische Brandschutz, aber auch der organisatorische Brandschutz. Auch in diesem Bereich gab es zu Beginn meiner Tätigkeit im Bereich der Recyclingwirtschaft kaum Anforderungen. Die Versicherer hatten zwar ihre leidvollen Erfahrungen mit DSD-Anlagen gesammelt. Die stoffstromtrennenden MBA, MBS oder MPS-Anlagen, sowie andere Recyclinganlagen aber waren noch nicht im Fokus, sondern wurden gerne und zu guten Konditionen nahezu auflagenfrei versichert. Dies war jedenfalls der Regelfall. Die Betreiber der Anlagen waren sich in diesen Anfangsjahren der Gefährlichkeit dieser Betriebsart ebenfalls nicht bewusst. Die Erfahrungen wurden erst im Verlaufe der letzten 10 Jahre gesammelt. Grundsätzlich ist es natürlich zu begrüßen, wenn Versicherer die Versicherungsnehmer dabei unterstützen, vernünftigen und wirksamen Brandschutz zu realisieren. Schließlich geht es ja nicht lediglich um die Interessen des Versicherers, den Schadenaufwand zu senken, sondern auch um das Interesse der Betreiber am Markt präsent zu sein und nicht schadenbedingt die Tätigkeit einstellen oder unterbrechen zu müssen.

Die Art und die Professionalität des Vorgehens der Versicherer sind hier aber sehr unterschiedlich. So gibt es Versicherer, die sich seit Jahren intensiv mit den Fragen des Brandschutzes bei derartigen Anlagen beschäftigt haben, und bei der Formulierung der Anforderungen und Auflagen Augenmaß wahren. Wenn man bei solchen Anlagen grundsätzlich eine Sprühflutanlage gemäß VDS Standard verlangt, so wird man diese in eine bereits bestehende Anlage nur mit äußerst hohem Aufwand nachrüsten können. Man wird darüber hinaus laufende Kosten produzieren, die in manchen Fällen das Unternehmen nahe an die Unwirtschaftlichkeit führen würde.

3. Wie geht man mit dieser Situation um?

Das größte Problem ist die wachsende Abneigung der Versicherer, diese Betriebszweige überhaupt zu versichern. Einzelne Unternehmen, gerade wenn es sich um kleine und mittelgroße Unternehmen handelt (die großen Konzerne haben genug Nachfragekraft und können auf der anderen Seite auch hohe Selbstbehalte verkraften), haben es in der Regel schwer, und zwar auch dann, wenn sie sich der Hilfe eines Versicherungsmaklers bedienen, akzeptablen Versicherungsschutz zu finden. Ein Lösungsansatz, wie er im Falle des Betreibers der Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlungsanlagen bisher zum Erfolg , d.h. zu noch akzeptablen Bedingungen und moderaten Prämien geführt hat, ist die Bündelung des Versicherungsschutzes über einen Berufs- oder Interessenverband. Branchenübergreifend gibt es hier in Deutschland mehrere Beispiele für erfolgreiche Tätigkeiten von Verbänden, auch in diesem Segment.

Es wird aber niemals gelingen, einen oder mehrere Versicherer dazu zu bringen, einem Verband eine pauschale Zusage zu machen, all seine Mitglieder zu gleichermaßen günstigen Konditionen zu versichern. Die Bündelung über den Verband kann also nur dazu führen, ein Interesse von Versicherern zu wecken oder zu vergrößern, dass es ohne diese Bündelung nicht gäbe. Die Arbeit im Detail, d. h. mit den einzelnen Mitgliedsunternehmen und seinen Risiken, fällt aber dennoch an.

Mit dem zuständigen Underwriter des Versicherers (oder der Versicherer) muss jedes einzelne Risiko besprochen werden und es müssen Maßstäbe für den organisatorischen und den anlagetechnischen Brandschutz entwickelt werden.

Daher muss versucht werden (dies gilt immer, auch wenn kein Verband eingeschaltet ist), einen Ausgleich zwischen dem Sicherheitsbedürfnis des Versicherers und den wirtschaftlichen Interessen des Versicherungsnehmers zu finden. Ein funktionierendes Rauchansaugsystem wird man heute als Selbstverständlichkeit betrachten. Gleichermaßen wird man als Versicherungsnehmer akzeptieren müssen, dass, sofern es einen Annahme- und Bunkerbereich gibt, der außerhalb der Betriebszeit nicht vollständig geleert ist, ein adäquates Löschsystem (z. B. Detektion über Wärmebildkameras und Löschung über Löschmonitore) gefordert wird. Gerade im Bereich von Bunkern liegt ein ganz erhebliches Risiko durch Selbstentzündung.

Auch die Zeiten ungeschützter Lager, z. B. von Recyclingmaterial oder Ersatzbrennstoffen sind sicherlich vorbei, nachdem es auch dort zu einer erheblichen Anzahl großer Brände gekommen ist. Nun stellt sich aber die Frage, ob man solche Lager tatsächlich mit sehr teurer und oft leider wenig wirksamer Löschtechnik ausstatten sollte. Es hat nämlich schon Lagerbrände gegeben, die, trotz dort installierter Sprühflutanlage, zu einem Totalschaden geführt haben. Eine Alternative hierzu wurde bei einem norddeutschen Entsorger und Ersatzbrennstoffhersteller gefunden. Die massiv errichtete Lagerhalle (die Betonwände sind relativ unempfindlich gegen Feuer) wurde durch ein Zeltdach überdacht. Bei einem Feuer verbrennt die Zeltplane, so dass Hitze und Rauch sofort abziehen können. Der Wert der Plane, die bei einem Feuer also sozusagen geopfert wird, liegt deutlich unter dem Selbstbehalt des Vertrages, so dass für den Versicherer bei einem Brand in dieser Lagerhalle kein Schaden entstehen wird.

Einen gesamten Abfallentsorgungsbetrieb mit einer Sprühwasserlöschanlage oder mit Sprühfluttechnik auszustatten, erscheint dagegen überzogen und ist aus Sicht vieler Brandschutzexperten auch gar nicht notwendig bzw. sinnvoll.

4. Kann man die Verteuerungen der Sach- (insbesondere Feuer-) Versicherungen anderweitig zumindest partiell ausgleichen?

4.1 Technische Versicherungen, Haftpflichtversicherungen, pp.

Die Erfahrung des Verfassers geht dahin, dass in anderen Bereichen, wie z. B. Maschinenversicherungen, Maschinenbetriebsunterbrechungsversicherung und auch Versicherungssparten wie der D&O Versicherung und der Rechtsschutzversicherung, von Recycling- und Entsorgungsbetrieben, häufig erheblich zu viel Prämie für teilweise inhaltlich unvollständigen Versicherungsschutz aufgewandt wird. In diesen Bereichen ist es heute noch möglich (auch hier können natürlich Verbände durch Rahmenvereinbarungen helfen), deutliche Verbesserungen und auch Ersparnisse zu erzielen, die zumindest zu einem Teil die Verteuerungen bei der Feuerversicherung auffangen können. So ist es z. B. bei einem Betrieb in NRW unlängst gelungen, trotz der oben beschriebenen Marktentwicklung, noch eine deutliche Reduzierung des Gesamtprämienaufwandes (im deutlich sechsstelligen Euro-Bereich) herbeizuführen.

4.2 Vermeidung von Doppelversicherungen

Auch kommt es leider häufig vor, dass es zu Doppelversicherungen zwischen der Sachversicherung und den vorliegenden Maschinenversicherungen kommt. Es gibt einige Gefahrenbereiche, die, wenn man hier keine entsprechenden Abgrenzungen in einen der Verträge hinein nimmt, dazu führen, dass die gleichen Risiken in beiden Verträgen mitversichert sind. Dies kostet unnötig Prämie und sollte somit vermieden werden.

4.3 Keine klassische Allgefahrenversicherung

Ein weiterer Fehler, der zu häufig unnötig hohen Prämienbelastungen führt, ist die Vereinbarung einer Allgefahrenversicherung. Eine Allgefahrenversicherung, wie sie in der Versicherungswirtschaft angeboten wird und wie sie für die meisten Betriebsarten sicherlich auch durchaus angemessen und richtig ist, eignet sich in dieser Form nicht für Abfallbehandlungs- und Entsorgungsunternehmen. Das Hauptrisiko ist, wie oben dargestellt, die Feuergefahr und dies führt dazu, dass der überwiegende Teil der Prämie auch für die Feuerversicherung bezahlt wird. Der Versicherungssteuersatz für die Feuerversicherung liegt aber nur bei 13,2 %, während er in der Allgefahrenversicherung (durchgängig über alle Gefahren) bei 19 % liegt. Dies führt, wenn man eine Allgefahrenversicherung vereinbart, zu einem deutlichen Anstieg der Gesamtkosten durch die Erhöhung der Versicherungssteuer.

4.4 Fehlerhafte Konzeption der Betriebsunterbrechungsversicherung

Zu beobachten ist ferner, dass die Konzeption der Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung und Mehrkostenversicherung oftmals mit Fehlern behaftet ist, oder schlicht in diesem Bereich die Versicherungssummen, die notwendig sind, nicht richtig ermittelt werden. Es bedarf natürlich auch bei der Ermittlung des Versicherungsbedarfs in diesem Bereich eines grundlegenden Verständnisses der Abläufe im Unternehmen und der Marktgegebenheiten. Ein Kommunales Unternehmen wird eigentlich kaum einmal eine Betriebsunterbrechungsversicherung benötigen, zumindest nicht für den Fall, dass es überwiegend andienungspflichtige Abfälle entsorgt. Dies muss es nämlich auch dann tun, wenn die Anlage schadenbedingt nicht zur Verfügung steht. Hier muss man sich die Risikosituation genau anschauen und man muss die Mehrkosten, die durch externe Entsorgung entstehen, den ersparten Eigenkosten, die durch die Einstellung des Betriebes der Anlage entfallen, gegenüberstellen. Auf der Einnahmenseite hingegen entstehen keine Veränderungen, was eine Betriebsunterbrechungsversicherung überflüssig macht.

Anders ist dies bei einem Entsorger von gewerblichen Abfällen oder einem privaten Recyclingunternehmen. Bestehen dort aber mehrere Betriebsstätten, so sind bei der Betriebsunterbrechungsversicherung natürlich die s. g. Rückwirkungen und Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Die Ermittlung der richtigen Versicherungssumme für die Betriebsunterbrechungsversicherung ist bei einem Unternehmen mit einer Vielzahl von Betriebsstätten naturgemäß erheblich komplizierter, als bei einem Unternehmen, das nur über eine Betriebsstätte verfügt. Fehler können sich entweder durch zu geringen Versicherungsschutz oder aber durch erheblich zu hohe Prämien auswirken. Leider werden solche Fehler häufig erst anlässlich eines Schadenfalles offenbar.

5. Fazit

Die Versicherungssituation für Unternehmen der Abfallentsorgungs- und Recyclingbrandbranche hat sich, zumindest mit Blick auf die Feuerversicherung, in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Die Investition in organisatorischen und anlagentechnischen Brandschutz ist daher erforderlich, sollte aber mit Augenmaß angegangen werden.

Bei der Ermittlung der Versicherungssumme und der Konzeption von Betriebsunterbrechungsversicherungen ist häufig zu beobachten, dass man durch eine Umstellung des Versicherungskonzeptes und einer korrekten Berechnung der Versicherungssummen Reduzierungen herbeiführt, die dann auch prämienmindernd wirken können.

Auf der anderen Seite bieten sich, im Falle einer fehlerhaften Gesamtkonstruktion des Versicherungsschutzes, oftmals auch Möglichkeiten diesen zu optimieren und so Ersparnisse zu erzielen, die die Verteuerung der Feuerversicherung (zumindest teilweise), ausgleichen. Verbände können durch Bündelung der Interessen ihrer Mitglieder dazu beitragen, dass sich vielleicht mittelfristig die Situation – auch im Hinblick auf die Feuerversicherung – wieder verbessert. Dies können Versicherungspools, aber auch aufklärende Maßnahmen, wie z. B. auf dem Gebiet des Brandschutzes, sein.

 

 

 

 

 

 

 

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